Gespielte Empörung?
Die Berichte über die NSA-Überwachung sorgen weiter für Unmut. Viele Politiker äußern sich nach wie vor empört und fordern Aufklärung. Die derzeit laufenden Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA kommen ins Stocken. Eine offizielle Stellungnahme der USA sei in Vorbereitung…
»Innerhalb Europas, werden alle E-Mail-, Telefon- und Fax-Kommunikationen routinemäßig von der NSA abgefangen. Sie transferiert alle Zielinformationen über den wichtigen Knotenpunkt Menwith Hill in den Sümpfen von Nord Yorkshire im Vereinigten Königreich nach Fort Meade in Maryland,«
so steht es allem Anschein nach in einem offiziellen Bericht an das EU-Parlament aus dem Jahr 1998!
Der Kommentar des stellvertretenden ZDF-Chefredakteurs Elmar Theveßen über die Spionage der US-Geheimdienste vor zwei Tagen und dem möglichen Mitwissen deutscher Politiker sprach mir da, wie sagt man so schön, aus der Seele.
Mal ganz unabhängig davon, dass auch ich nicht bis auf die Unterhose ausspioniert werden möchte oder auch die Verwanzung von EU-Gebäuden alles andere als akzeptabel empfinde – frage ich mich doch auch:
Wer wußte tatsächlich nicht Bescheid?
Was, wenn, wie Elmar Theveßen fragt, die US-Regierung nach Ihrer Untersuchung schriftliche Belege zwischen den amerikanischen und europäischen Datenaustauschvereinbarungen veröffentlicht? Was, wenn daran ggf. Politiker aus fast allen Parteien mitgewirkt haben, vielleicht sogar die, der jetztigen Opposition?
Politische, wirtschaftliche und militärische Erkenntnisse die aus den Überwachungsaktionen gewonnen werden, befähigen die entsprechenden Staaten dazu, diese Daten für ihr politisches, wirtschaftliches und militärisches Handeln zu nutzen. Vielleicht geht es ja auch gar nicht um das im Kalten Krieg bemühte alte Feindbild oder militärische Angriffsziele, sondern eher um Wirtschaftsspionage – schließlich ist Deutschland auch eine Wirtschaftsmacht?!?
Warum werden überhaupt zigmillionen Daten von Bürgern gesammelt? Ist die Abwehr von Terror hier vielleicht nur ein Mehrwert?
Ich meine, die Zeiten, in denen die in James Bond Filmen ausgeklügelten Spionage-Tätigkeiten von Gut (‚MI6‘) und Böse (‚KGB‘) noch als total utopisch anmuteten, sind doch in vielen Fällen von der Realität überholt worden. Wer glaubt denn noch, dass es in der heutigen Zeit zwischen den USA, Europa, Russland, China usw. noch „verschlossene“ Türen gibt, wenn man an bestimmte Informationen wirklich herankommen will? Außerdem stellt sich mir da auch gleich die Frage, welche Art von Daten deutsche, französische, spanische und andere europäische Geheimdienste sammeln?
Wenn man z. B. in dem Buch Nerd Attack nachliest, in welche Rechensysteme der Privatmann Karl Koch und seine Hackerkomplizen bereits Anfang der 80er Jahre und dann ab 1985 gezielt für den Verkauf dieser Daten an sowjetische Geheimdienste (KGB-Hack) eingedrungen sind, dann lässt sich nur erahnen, was wohl inzwischen möglich ist.
Die Politiker sollten den Bürgern besser die Frage beantworten, wie es bei all den offiziellen Absprachen und Regelungen trotzdem immer wieder zum Datenmißbrauch kommen kann und keine bloße Empörung in Wahlkampfzeiten auf offensichtlichem Wählerfang an den Tag legen.
Spätestens seit den mörderischen 9/11-Terroranschlägen liefern deutsche Behörden ständig Daten an die USA. Und deutsche Behörden bekommen ständig Daten aus den USA; darin enthalten sind Informationen zu möglichen Gefährdungen Deutschlands.
Ich versteh’s nicht – diese Praxis müsste doch allen Politikern, egal welcher Parteizugehörigkeit, auch denen, die sich so stark empören, seit vielen Jahren bekannt sein?
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WORTGEWÖLK
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So steht es in einem ZEIT-Online-Artikel vom 7. Juli 2013 zum Überwachungsskandal.
Und damit wird immer offensichtliche – die NSA-Verbindung bringt nicht nur die deutschen Dienste in Erklärungsnot, sondern macht für mich die ein oder andere an den Tag gelegte Empörung auch immer unglaubwürdiger.