Wenn ein Buch so unter die Haut geht – nach Seite 355 klappte ich es zu, strich über den Einband, der inzwischen von Sonnencreme, Salzwasser und kleinen Sandkörnern etwas mitgenommen war, und seufzte tief.

Das Buch „Vom Ende der Einsamkeit“ von Benedicts Wells hatte ich mir noch spontan im Buchladen am Flughafen auf dem Weg zum Kreta-Urlaub gekauft.

Die Geschichte hat mir weh getan, hat mich manchmal entsetzt, verstört, mit Augen voller Tränen und einer Menge Emotionen zurückgelassen, aber auch mit einem ganz besonderen Gefühl von Wärme.

Jules und seine Geschwister stehen von einem Moment auf den anderen ohne Eltern da. Ihre Eltern sterben bei einem Unfall. Fortan quält sich jeder für sich durch’s Leben, während die Einsamkeit an ihren Seelen nagt.

Die Geschichte beginnt vor dem Unfall. Hauptfigur Jules erzählt vom Familienalltag, dem Verhältnis zu seinen älteren Geschwistern Liz und Vincent, den alltäglichen Freuden und Sorgen, die manchmal die Sonne trüben. Dann der Unfall – Jules und seine Geschwister kommen in ein Internat. Daraufhin reißt es Jules, Liz und Vincent auseinander, bis sie später, sehr viel später wieder zusammenfinden. Jules Weg steht dabei im Vordergrund – das Schicksal beutelt ihn, drückt ihn nieder, bestimmt sein Leben, seine Beziehung zu anderen Menschen. Es gibt kaum unbeschwerte Momente oder ausgelassene Tage – er treibt durch die Tage, verliert sich in Jahren, driftet von Job zu Job, findet die Liebe, die ihm das Leben womöglich verwehrt, ist aber auch „ein Erinnerer und Bewahrer“ für andere, sucht nach Antworten … und entrinnt am Ende der Einsamtkeit, die ich beim Lesen des Buches körperlich spüren konnte.

»Auf manche Dinge gibt es eben keine Antwort, das gehört dazu. Wir Menschen sind hier  unten ganz auf uns allein gestellt. Was wäre das auch für eine Welt, in der jedes Gebet erhört werden würde und wir mit Sicherheit wüssten, das es nach dem Tod weitergeht? Wozu brauchen wir dann noch das Leben, wir wären doch schon längst im Paradies. Kennen sie das Sprichwort: Gib einem Mann einen Fisch, und du ernährst ihn einen Tag, bringe ihm bei, wie man Fische fängt, und du ernährst ihn ein ganzes Leben? (…) Das Leben ist dazu da, das Fischen zu lernen.«

Ich könnte noch so viele Textstellen aus dem Buch zitieren. Wenn ich in einem Roman ne Menge Passagen anstreiche, dann will das `was heißen. Kommt nicht so häufig vor.

Die Geschichte von Jules nagte an meiner Seele: Schicksal, Hoffnung, Freundschaft, verpasste Chancen, das tägliche Leben voller positiver und negativer Wenden, all die Wunden, die ihre Narben hinterlassen, manchmal aufreißen, notdürftig zusammengeflickt bis zum nächsten Schlag halten, Einsamkeit und Geborgenheit
– ich liebe dieses Buch.

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1 Responses to Das Leben ist kein Nullsummenspiel

  1. Danke, liebe Silke, für diese berührende Rezi.

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