Mauer im Kulturbahnhof, Kassel - dOCUMENTA 13Ist das Kunst oder kann das weg?

Zukünftig werde ich mir nicht mehr so häufig die Frage „Was ist Kunst?“ stellen, sondern mich wohl eher damit beschäftigen, wie ich mir Kunst erschließen kann.

Zwei Tage waren wir zusammen mit unseren Kindern (9 und 12 Jahre alt) auf der dOCUMENTA 13.
Im Vorfeld war ich skeptisch. Aber – der Besuch lohnt sich: Zwei Tage fühlen sich trotz des intensiven Eintauchens an, als hätten wir gerade mal an der Oberfläche gekratzt. Das Gesehene hat mich schwindlig gemacht, überwältigt, inspiriert und erschöpft.

Ich muss gestehen

– obwohl ich gebürtige Hessin bin, war es tatsächlich mein erster Besuch in Kassel überhaupt und damit auch einer dOCUMENTA. Und wie immer, wenn es um Kunst geht, konnte ich mit einigen Sachen nichts anfangen, manche ließen mich ratlos zurück, andere waren ästhetisch ansprechend und gleichzeit beängstigend, von wieder anderen war ich bedingungslos begeistert.Gasse 4 - dOCUMENTA

Die Kunstausstellung in Kassel

sprengt viele Formate. Das Museum Fridericianum (wer mir schreibt, dem verrate ich auch, wie man die langen Schlangen vor dem Museum geschickt umgeht), der Kulturbahnhof, das Hugenottenhaus, die Gasse 4, die Documenta-Halle, das Gebrüder Grimm Museum, Ottoneum, Neue Galerie oder die grüne Karlsaue: Quer durch die Stadt sind bis Mitte September Skulpturen, Malerei, Installationen und Performances, aber auch Fotografie und Film aus den Bereichen Ästhetik, Kunst, Politik, Film, Literatur, Wissenschaft und Philosophie zu sehen.
Der Besuch der dOCUMENTA verlangt nicht nur viel vom Geist, sondern auch von den Schuhsohlen.

Die Kuratorin Carolyn Christov-Bakargiev fordert zum radikalen Denken auf. Ihr Konzept ist, kein Konzept zu haben. Den mehr als 150 Künstlern aus 55 Ländern lässt sie viel Freiraum. Geprägt wird die Ausstellung durch das Konzept ihrer künstlerischen Leitung. Carolyn Christov-Bakargiev versteht die dOCUMENTA als ein offenes Experimentierfeld,  als Bühne, auf der «unsere Auffassung von Leben in der Gegenwart hinterfragt wird» – ein Thema, das mich anspricht.

Disteln - dOCUMENTA 13Disharmonisch & wild – archäologische Fundstücke neben Popart – Hundespielplatz neben Mahnmal – Kunst trifft Natur. Vieles scheint möglich. Die Definition dessen, was Kunst ist, wird sehr weit gefasst und damit auch für mich als zwar Kunstinteressierte, aber nicht Kunstkennende greifbar.

I See By Your Fingernails that You Are My Brother – der Titel von Ida Applebroogs Installation im Fridericianum – mal ganz unabhängig von ihrer eigentlichen Aussage – trifft für sich allein stehend voll und ganz auf meine Wahrnehmung zu. Ich erkenne Menschen an Ihren Händen, an ihren Fingernägeln.

Erlebenswert

– eine Empfehlung unserer Kinder – der dunkle Raum im Hinterhof des Hugenottenhauses: Von außen hört man es schon tönen. Innen – Dunkelheit. Die Hand vor Augen sieht man erst nach einer Weile, wenn sich die Augen ein wenig an die Finsternis gewöhnt haben. Ans Ohr dringt Gesang oder auch nur Zisch- und Stöhnlaute, Gekluckse. Völlig ahnungslos, man ist erstmal verwirrt. Langsam nimmt man dann ein Dutzend Tänzer bzw. Sänger war, die sich um einen herum bewegen. Es ist nicht ganz klar, ob man hier selbst Teil des Happenings ist. Oder bewegen sich die Tänzer auch ohne mich als Zuschauer? Ein spektakuläres und seltenes Raumerlebnis Der deutsch-britische Künstler Tino Sehgal und seine Tanzkompanie waren einer meiner Höhepunkte der Kassler Kunstschau.Seghal - Hugenottenhaus - dOCUMENTA 13

Sowieso

ist auch oder gerade für Kinder eine Menge Erlebenswertes auf der diesjährigen dOCUMENTA.
Ein guter Einstieg ist eine Familienführung.
dOCUMENTA - Studio d(13)Sehr empfehlenswert ist außerdem das Studio d(13) für Kinder und Jugendliche, die in ein dreistündiges Kunsterlebnis eintauchen möchten (keine Buchung erforderlich). Nachdem unsere beiden am Samstag teilgenommen haben, waren sie am Sonntag gleich nochmals dabei.

Deutsche GründlichkeitBesucherschild - dOCUMENTA 13

darf beim radikalen Denken natürlich auch nicht zu kurz kommen!

Wie gesagt – ich bin nachhaltig beeindruckt und kann jedem, der die Möglichkeit dazu hat, nur empfehlen, die dOCUMENTA 13 zu besuchen! Wer weiß schon, was in fünf Jahren sein wird.

Ein erster Blick aus der Ferne: Die wilde 13. Documenta – Bildergalerie und Kurzportraits bei der Deutschen Welle

 

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