…, die man bereuen könnte, wenn man weiß, dass man sterben wird.

Weihnachten, Urlaub, Grippe – schon länger hatte ich keinen Einsatz mehr als ehrenamtliche Hospizmitarbeiterin auf der Palliativstation in Bamberg.
Aber vergangene Woche dann …

… es gab‘ wieder einige intensive Gespräche mit unterschiedlichsten Typen von Patienten oder ihren Angehörigen. Offene, lebendige und interessante Gespräche, bei denen nicht immer alles wichtig oder von Bedeutung sein muss, die mich aber immer bereichern.

Wie betrachten Menschen wie Du und ich ihr Leben, wenn sie im Sterben liegen? Wie können ihre Angehörigen damit umgehen?
Sind es Antworten auf die großen Fragen des Lebens, die sie eventuell gefunden haben? Oder sind es Banalitäten? Und – wer darf überhaupt entscheiden, was banal ist und was nicht? Was ist wichtig, ganz am Ende? Vielleicht ist es ja das Gleiche, das schon immer wichtig war – oder etwas ganz anderes? Und woran erinnert sich jemand – dann, wenn es zu Ende ist, das Leben?

»Mein Leben hatte nicht viel mit mir zu tun. Es hat mich bis heute einfach irgendwie so gelebt,«

sagte ein 85jähriger Mann zu mir, ohne das für sich als gut oder schlecht zu bewerten. Aber dann meinte er, er würde sich wünschen, doch noch die ein oder andere Stunde mit seiner Frau verbringen zu können. Er wolle ihr noch so Einiges sagen, was sie eigentlich wissen müsste, er ihr aber noch nie in Worten gesagt habe.

»Von uns aus gesehen war das Sterben immer etwas, das in nächster Zeit überhaupt nicht in unserem Kontext geschehen würde,«

so der Ehemann einer Frau zu mir, während seine Frau endlich einmal ohne Schmerzen eingeschlafen war und er sich an ihrem regelmäßigen Schnarchen freute.
Seine Frau war 62 Jahre alt, als sie erfuhr, dass sie Knochenkrebs hat. Sechs Monate später kam sie auf die Palliativstation nach Bamberg. Zwei Tage nach meinem Besuch ist sie gestorben.

Ein anderes Mal erzählte mir ein Mann von seinem Leben als erfolgreicher Geschäftsmann und den Grenzen des Wachstums – über die eigene Endlichkeit reden, das wollte er nicht.
Das hat mich zwar verwundert und ich fand es bedauerlich, trotzdem bin ich froh, ihn getroffen zu haben. Damit hat er mir die Chance gegeben, den anderen Umgang mit dem Tod zu respektieren; eben, dass man das Thema auch bis zuletzt verdrängen darf.

Man unterhält sich darüber, wie das Leben ist, wenn man nicht mehr lange zu leben hat. Man ist zusammen traurig, lacht aber auch ausgelassen miteinander, macht Scherze.
Und mir selbst wird dabei immer wieder bewusst: du lebst nur einmal, mach ‚was draus!

Wir alle werden eines Tages sterben

– eine unausweichliche Tatsache, die das Leben mit sich bringt.

Und trotzdem leben wir häufig so, als würden wir für immer leben, wagen oft nicht das „Risiko“, das Leben aktiver zu gestalten. Laufen Tag für Tag im Hamsterrad, das am Ende nirgendwo hin führt; kein neues Ziel kennt.

Spätestens seit meiner ehrenamtlichen Arbeit als Sterbebegleiterin beim Hospizverein Bamberg erfahre ich in Gesprächen mit unheilbar kranken Menschen, was es alles zu bereuen oder zu bedauern gibt, wenn man weiß, dass man bald sterben wird.

Daher versuche ich, mir immer wieder vorzustellen, was ich selbst wohl von all den mir erzählten Dingen am meisten bedauern würde. Das ist schon manchmal erschreckend, aber auch heilsam.

41 Dinge …

…, die man bereuen könnte, wenn man weiß, dass man sterben wird.

Eine Auflistung dessen, was ich schon alles gehört habe (nicht nur von den Sterbenden, sondern auch von dem ein oder anderen, der weiß, das er ohne den Menschen, der da vor ihm im Bett liegt, lebendig zurückbleiben wird, zurückbleiben muss!):

  1. Nicht zugelassen zu haben, dass man sich verliebt.

  2. Nicht mehr verreist zu sein.

  3. Keine neue Sprache gelernt zu haben.

  4. So sehr beschäftigt gewesen zu sein, dass man sich nicht um seine Liebsten gekümmert hat.

  5. Einen Menschen, den man sehr mochte, gehen hat lassen.

  6. Niemals ein Hobby gehabt zu haben.

  7. Keine kalkulierten Risiken eingehen.

  8. Zu viele nicht kalkulierte Risiken eingehen.

  9. Sich mit „giftigen“ Leuten umgeben.

  10. Zeit in einer schlechten Beziehung verbringen.

  11. Zu viel Zeit in der Vergangenheit oder der Zukunft zu verbringen.

  12. Nicht alles gegeben zu haben, als es an der Zeit war, alles zu geben.

  13. Ausreden erfinden.

  14. Keine eigenen Entscheidungen treffen.

  15. Nicht mehr soziale Kontakte haben.

  16. Kein Geld für schlechte Zeiten zur Seite legen.

  17. Das ganzes Geld sparen und nichts genießen.

  18. Keine Verantwortung für sich selbst übernehmen.

  19. Eine Arbeit nicht kündigen, die man nicht ausstehen kann.

  20. Nicht genug weinen oder lachen.

  21. Zeit damit verbringen, jemand zu sein, der man nicht ist.

  22. Sich zu nichts bekennen.

  23. Diejenigen, die einem wichtig sind, dies nicht wissen lassen.

  24. Seinen Ängsten nachgeben.

  25. Keine neuen Ziele haben.

  26. Aufgeben.

  27. Andere für die eigene Lage verantwortlich zu machen.

  28. Sich keine Zeit nehmen, die Natur zu genießen.

  29. Nicht aussprechen, was man auf dem Herzen hat.

  30. Der Masse folgen.

  31. Nicht mit ganzem Herzen lieben.

  32. Nicht seiner wahren Leidenschaft nachgehen.

  33. Sich selbst leid tun.

  34. Zuviel Zeit damit verbringen, sich Sorgen zu machen.

  35. Zeit damit verbringen, materiellen Dingen nachzujagen.

  36. Wütend auf jemanden sein.

  37. Anderen nicht helfen.

  38. Eine schlechte Angewohnheit nicht aufgeben.

  39. Sich zuviele Gedanken darüber machen, was andere über einen denken und danach sein Handeln auszurichten.

  40. Nicht dankbar sein, für das, was man jetzt hast.

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1 Responses to 41 Dinge …

  1. Margot Steinbach sagt:

    einfach auch mal peinlich sein dürfen/können, wenn einem danach ist.

    Schöner Artikel:)

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