Heute ausnahmsweise mal kein Text aus meiner Feder. Mir hat er so gut gefallen, dass ich finde, den könnten gerne noch mehr Menschen lesen und sich daran freuen.

Ein Theaterstück mit starkem Heimatgefühl.

Da wo der Weihnachtsbaum steht ist Heimat.

★★★★

Der Vorabend

Alle reisten an, mit und ohne Requisiten – bis auf die Großelter, denn dort ist der Stall! Eine Aufgeregtheit unter den Kindern, die schwer im Zaum zu halten sind – warum auch – es ist doch Weihnachten und in der heiligen Nacht kamen sie auch alle angereist; weiß Gott auch aufgeregt.
Alle fanden sie auf Anhieb ein Quartier schon einen Tag vorher – bei den Großeltern, denn dort ist der Stall!

Die Eltern lesen Ihre Kinder weihnachtlich in den Schlaf – gestreng nach dem Motto: Einmal werden wir noch wach …
In dieser Nacht sind alle mindestens noch viermal aufgewacht.
Endlich sind die Erwachsenen unter sich und Eltern, die früher Kinder waren, dürfen gemeinsam dabei sein, den Baum zu schmücken sowie mitbestimmen, ob die rote Kugel über oder unter dem Engelchen hängen soll. Ein Baum – sieben erwachsene Kinder und ein bisschen Rotwein machen den Baum jedes Jahr noch schöner. Diesmal ist es der Schönste, ja? Wo soll das nur hingehen, wenn wir 90 werden.

Dann, als der Abendstern ganz hoch über dem Kirchturm stand, hatte jeder ein Quartier, eine Daunendecke und es ward eine Ruhe zum Verlieben.

Das Frühstück

Alles bis auf Oma und Opa schlafwandelt um 11:00 Uhr morgens noch im Pyjama. Schon einmal eine Tasse Kaffee schlürfen, ein kleiner Disput – ein kleiner Brandherd! Nicht aufregen. Es ist einfach herrlich heute. Ausnahmsweise an Heiligabend darf auch so gefrühstückt werden.

Das Frühstück: eine Inszenierung. Die Bühnenbildner, wie bekannt, stellen alles auf den Kopf. In Ermanglung einer Drehbühne wird das Weihnachtszimmer verhängt und der Frühstückstisch auf den Flur verlegt. Ein geordnetes Chaos beginnt. Weihnachtsdecke, Kerzen, Stollen, Semmeln, Butter, Eier, Wurst, Honig, aber kein Nutella. Schlaraffenlandähnliche Zustände lassen jeden Satten wieder hungrig werden.
„Was geht es uns gut, wenn ich an früher denke,“ wird den Kindern ermahnend aufgetischt. Bitte nicht heute, denn sie können sich gar nicht so richtig konzentrieren. Schau unter den Tisch. Siehst Du wie sie mit ihren Beinen zappeln, und die Augen lassen jetzt schon was erahnen. Es ist nicht nur die Aussicht auf Geschenke, es ist ein bisschen familiäres mehr.

Der Weihnachtsabend

Der sogenannte Weihnachtstrubel beginnt jetzt erst richtig. Alles Vorhergehende war nur Geplänkel. Alles Weitere liest sich wie ein Einkaufszettel.

Die Küche ist belegt, denn es wird zweischichtig vorbereitend gekocht; einmal für 7:00 Uhr für die Kleineren, einmal für wahrscheinlich 23:00 Uhr für die Großen. Dies bedarf schon einer enormen Logistik. In Ermanglung von Platz, aber vorwiegend aus Gemütlichkeit und Gemeinsinn, packt die gesamte Mehrgenerationenfamilie auf dem Küchentisch zwischen Soßen und Kartoffeln die letzten Weihnachtspäckchen.
Aber immer dazwischen die strikte Aufforderung an den Beschenkten: Jetzt musst Du mal wegkucken!
Zwischendrin die aufgeregten Fragen immer wieder aufs Neue: Wann ist es soweit?
Es riecht nach Bouillon, Fleisch, Zimt und Kardamom. Elf Personen in einer kleinen Küche, das schafft nicht einmal der Italiener nebenan in seiner Miniküche.
Nun kommt noch ein Teil der Familie, der noch in letzter Minute Weihnachtseinkäufe tätigte. Voller Stolz und Seeligkeit wird der zu Beschenkende rausgeschickt. Ausgepackt – diese Vorfreude, diese ornamentale Gemütlichkeit.
Man nimmt die Kleinen schon gar nicht mehr so richtig wahr, und doch sind sie in den Zauber der Geborgenheit eingebunden.

Die Zeit drängt! Wer geht mit wem in die Kirche, wer will noch in die Badewanne, sind alle Geschenke da, wo liegt das Christkindglöckchen?
Draußen wird es dunkel – kein Schnee, egal! Aber wärmende Gemeinschaft.

Jetzt kommen die Kinder aus der Kirche. Jetzt gibt es kein Halten mehr. Es kommt was da kommen muß, seit Jahrtausenden – das Christkind. Alles rundum vertraut und glücklich. Nichts soll von niemandem weiter hinterfragt werden. Glöckchen, Kerzen, Lieder, Geschenke, Küsse und ein wenig Tränen. Jeder vertieft sich kurz in seine eigenen Gedanken.

Für diesen Weihnachtsabend darf man glücklich sein, darf ein bisschen schweben.

[Autor des Fundstücks: Holger Denecke, Fundort: Villa Sommerach]

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One Response to Das alljährliche Weihnachtstheater

  1. Josi sagt:

    KommentarTest :)

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