Fundworte160_fundwerke_052016

»Die Einladung

Es interessiert mich nicht, womit du dein Geld verdienst.
Ich will wissen, wonach du dich sehnst und ob du die Erfüllung deines Herzenswunsches zu träumen wagst.

Es interessiert mich nicht wie alt du bist.
Ich will wissen, ob du es riskierst, dich zum Narren zu machen,
auf der Suche nach Liebe, nach deinem Traum, nach dem Abenteuer des Lebens.

Es interessiert mich nicht, welche Planeten ein Quadrat zu Deinem Mond bilden.
Ich will wissen, ob du deinem Leid auf den Grund gegangen bist und ob dich die Ungerechtigkeiten des Lebens geöffnet haben,
oder ob du dich klein machst und verschließt, um dich vor Verletzungen zu schützen.

Ich will wissen, ob du den Schmerz – meinen oder deinen eigenen – ertragen kannst,
ohne ihn zu verstehen, zu bemänteln, oder zu lindern.

Ich will wissen, ob du Freude – meine oder deine eigene – aushalten kannst,
dich hemmungslos dem Tanz hingeben und jede Faser deines Körpers von Ekstase erbeben lassen kannst,
ohne an Vorsicht oder Vernunft zu apellieren oder an die Begrenztheit des Menschseins zu denken.

Es interessiert mich nicht, ob das, was du erzählst, wahr ist.
Ich will wissen, ob du andere enttäuschen kannst, um dir selber treu zu bleiben,
ob du den Vorwurf des Verrates ertragen kannst, um deine eigene Seele nicht zu verraten,
ob du treulos sein kannst, um vertrauenswürdig zu bleiben.

Ich will wissen, ob du die Schönheit des Alltäglichen erkennen kannst,
selbst wenn sie dir nicht immer angenehm ist und ob ihre Allgegenwärtigkeit die Quelle ist, aus der du die Kraft zum Leben schöpfst.
Ich will wissen, ob du mit Unzulänglichkeiten leben kannst – meiner und deiner eigenen – und immer noch am Seeufer stehst und der silbrigen Scheibe des Vollmondes ein uneingeschränktes „ja“ zurufst.

Es interessiert mich nicht, wo du wohnst, oder ob du reich bist.
Ich will wissen, ob du nach einer kummervoll durchwachten Nacht, zermürbt und müde bis auf die Knochen, aufstehen kannst,
um das Notwendige zu tun, damit deine Kinder versorgt sind.

Es interessiert mich nicht, wen du kennst, oder wie du hierher gekommen bist.
Ich will wissen, ob du inmitten des Feuers bei mir ausharren wirst, ohne zurück zu weichen.

Es interessiert mich nicht, wo oder was du mit wem studiert hast.
Ich will wissen, was dich von innen heraus trägt, wenn alles andere wegbricht.

Ich will wissen, ob du mit dir selbst alleine sein kannst,
und ob du den, der dir in solch einsamen Momenten deines Lebens Gesellschaft leistet, wirklich magst.«

~ Oriah Mountain Dreamer (* 1954, ist eine in Kanada nördlich von Toronto lebende Schriftstellerin; sie war als Sozialarbeiterin im Bereich der Krisenbewältigung tätig).

[Fundort: Einstimmung auf einen Gruppenabend des Hospizvereins Bamberg]

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2 Responses to Fundworte #160

  1. Manuela D. sagt:

    Ein wunderschöner Text, der 2000 von Laith Al-Deen vertont wurde. Ein wundervoller Song.

  2. Dominik sagt:

    Was für ein wahnsinnig schöner Text =)

    Liebe Grüße
    Dominik

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